In Zeiten wegbrechender Werbeeinnahmen und sinkender Verkaufszahlen wollen Deutschlands Presseverlage nicht länger tatenlos zusehen, wie ihre Zunft wirtschaftlich vor die Hunde geht. Zahllose Sparrunden haben sie veranstaltet, Tausende Mitarbeiter nachhause geschickt und auf Geheiß der deckungsbeitragsgeilen Controller so gut wie jede Publikation bis zur Silhouette verschlankt (respektive etliche zu Tode saniert). All das scheint nicht geholfen zu haben, um sich des übermächtigen Molochs Internet zu erwehren. Jetzt legen die Printbarone noch einmal nach und machen ihren Einfluss in der Politik - genauer: in der schwarz-gelben Regierung - geltend.
Unter Bezug auf das im Koalitionsvertrag stehende Leistungsschutzrecht für journalistische Inhalte im Netz solle nach Vorstellung der Verlage "in Zukunft kostenpflichtig werden, was heute für jeden Nutzer selbstverständlich und wesentlich ist: die Verlinkung von Beiträgen und die kleinen Ausschnitte (Snippets) in den Suchergebnislisten", heißt es heute in der "FTD". Das Blatt bezieht sich auf Aussagen führender Verlagsmanager anlässlich einer Podiumsdiskussion zum Thema Paid Content vergangene Woche in Berlin. Begründet wurde die absurde Forderung nach kostenpflichtigen Links und Snippets damit, dass nur so die Urheber der Beiträge gerecht entlohnt werden könnten.
Ganz gleich, ob derlei Aufwand technisch realisierbar wäre - woran es begründete Zweifel gibt -, zeigt die Idee indes, in welche Richtung die Verleger denken: Im gleichen Atemzug räumten sie nämlich ein, dass nicht die einzelnen Nutzer direkt zur Kasse gebeten würden, sondern die Anbieter, auf deren Seiten jene Links und/oder Snippets verwendet werden. Eine (noch zu gründende) Verwertungsgesellschaft müsse dann sicher stellen, dass die Obolus eingesammelt und an die Verlage ausgezahlt werden. Wie am Ende die Urheber, sprich: die Autoren, ihren Anteil bekommen sollen, steht allerdings noch in den Sternen. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.
Paid Content - die deutschen Verlage steuern munter in eine Sackgasse. Während andernorts Modelle mit Micropayments einigen Erfolg aufweisen und fortschrittliche Verlage das unter Software-Entwicklern populäre Prinzip der Donationware für ihre Online-Inhalte testen, versuchen es die hiesigen Printmedien mit der Brechstange und wollen durch die politische Hintertür quasi eine GEZ für Online-Mediennutzung installieren - die nicht direkt beim Nutzer die Klinke putzt, sondern - subtiler noch - beim Anbieter die Hand aufhält.
Keine Frage: Qualitativ hochwertiger Journalismus kostet Geld, seine Produkte sollte es nicht per se gratis geben. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie in Form bedruckten Papiers oder als digitale Inhalte vorliegen. Nur ist es höchst fragwürdig, den Nutzern dafür eine (indirekte) Pauschale abzuverlangen. Denn nichts anderes käme dabei heraus, wenn Anbieter oder Provider für Links und Snippets zahlen müssten - weil sie die dadurch anfallenden Kosten ihrerseits auf die Kunden umlegten. Mit anderen Worten: Auch wenn du nicht jeden Morgen Brötchen beim Bäcker kaufst, müsstest du ihm bei diesem Modell monatlich eine fixe Summe zahlen, weil er sie für dich bereithält und du sie theoretisch kaufen könntest. Der Bäcker minimiert sein Risiko auf Kosten deiner Kasse. Ob die Bäckerinnung eine solche, zumal gesetzlich verordnete Brötchen-Flatrate durchsetzen könnte, ist fraglich. Und ebenso wenig wünschenswert wie die jetzt von den Verlagen angestrebte Content-Gebühr.
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