Freitag, 8. Januar 2010

Sarkozys protektionistische Reflexe

Die französische Regierung gibt sich einfallsreich bei der Rettung der klassischen Medien. Staatspräsident Sarkozy liebäugelt seit kurzem mit einer sogenannten Google-Steuer, um mit den Einnahmen etwa den angeschlagenen Printimperien und Musikkonzernen des Landes unter die Arme zu greifen. Eine jüngst von Sarkozy eingesetzte Kommission, die vom Chef des Plattenlabels Naive geleitet wird, bei dem auch Präsidentengattin Carla Bruni unter Vertrag ist, fordert eine Abgabe von ein bis zwei Prozent auf Werbeeinnahmen im Internet. Mit dem jährlichen Erlös von schätzungsweise 20 Millionen Euro könnten Berichten zufolge eine Kampagne gegen Raubkopierer finanziert und marode Verlage subventioniert werden.

Die Idee an sich ist nicht neu: Auch Berlin plant laut Koalitionsvertrag auf Druck der Verlage ein sogenanntes Leistungsschutzrecht für Medien (SyntaxSurfer berichtete). Danach sollen Pressehäuser die Möglichkeit bekommen, Lizenzzahlungen von Anbietern wie Google zu verlangen und damit an den Online-Erlösen mitzuverdienen.

Sarkozys Vorstoß dürfte von vornherein zum Scheitern verurteilt sein, zumal die geplante Steuer das Wesen des Internets völlig verkennt und dessen Mechanismen ignoriert: Wie soll die Steuerschuld exakt berechnet und von Frankreich eingetrieben werden, wenn die meisten Unternehmen, die Sarkozy ins Visier genommen hat (neben Google auch Yahoo, Microsoft, Facebook und andere Anbieter von Suchdiensten und Social-Networking-Plattformen), ihren Hauptsitz in den USA haben, die Verwaltungen etwa in Irland oder auf den Cayman Inseln angesiedelt und die Server über den gesamten Erdball verstreut sind? Ob die Kommission darauf die passenden Antworten findet, ist fraglich.

Der in jüngster Zeit immer öfter zu beobachtende Neo-Protektionismus ist nichts weiter als ein - vielleicht letzter - Reflex der Old Economy, mithilfe der Politik die tradierte Wirtschaftsordnung am Leben zu halten. Eine Ordnung, die freilich jahrezehntelang funktionierte und den Reichtum der Verleger zu mehren imstande war, die sich inzwischen aber überlebt hat. Ihre Protagonisten wollen sie - aus nachvollziehbaren Gründen - auf Gedeih und Verderb erhalten und suchen daher Verbündete im politischen Lager. Solange deren Ideen aber ebenso anachronistisch und unbeholfen sind wie die der französischen und deutschen Regierungen, dürfte der Niedergang der alten Ordnung nicht aufzuhalten sein. Vive la révolution!